Welche Vorteile bietet Verhaltenstherapie an Schulen?

Seit 2014 arbeite ich als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in Puchheim-Ort in sehr enger Kooperation mit verschiedenen Schulen zusammen. Es ist mir ein berufspolitisches Anliegen, die zahlreichen Vorteile für Kinder, Eltern, Schule und Gesellschaft vorzustellen, die die aufsuchende Arbeit eines Psychotherapeuten in Institutionen mit sich bringt. Doch um welche Vorteile handelt es sich im Einzelnen?


Vorteile für die Schule

Am häufigsten werden in der psychotherapeutischen Kinder- und Jugendlichenpraxis Verhaltensprobleme in der Schule berichtet. Bei einem Psychotherapeuten vor Ort wird auffälliges Verhalten zeitnah dort behandelt, wo es akut auftritt. Durch die engmaschigere Betreuung der Kinder, wird ein reibungsärmerer Unterrichtsablauf ermöglicht und die Versorgungslage der Schule im kinder- und jugendlichenpsychotherapeutischen Bereich wird verbessert. Denn in den meisten niedergelassenen Praxen sind lange Wartelisten oder Aufnahmestopps die Regel, was es für Schulen oft unmöglich macht, belastete (und oft auch belastende) Schüler psychotherapeutisch anzubinden.

Ein Therapeut vor Ort bereichert das Team, indem er sich gut mit den Lehrern vernetzt. So kann schnell und persönlich kommuniziert werden und Maßnahmen wie Verstärkerpläne oder Verhaltensanalysen können im multiprofessionellen Team abgestimmt werden. Darüber hinaus kann dem Therapeuten Feedback für seine Arbeit gegeben werden.

Vorteile für das Kind

Das Kind erlebt die Psychotherapie in einer vertrauten Umgebung. Durch das bekannte Umfeld fasst es schneller Vertrauen zum Therapeuten, was das Ankommen in der Therapie und den Beziehungsaufbau erleichtert.

Dem Therapeut wird die Möglichkeit gegeben, das Kind in seinem vertrauten Lebensraum Schule mitzuerleben und er gewinnt durch Beobachtungen am Pausenhof und durch Unterrichtshospitationen wichtige zusätzliche Informationen.

Da die Therapie während oder nach der Schulzeit stattfindet, entfällt ein weiterer Zusatztermin für die Kinder am Nachmittag.


Vorteile für die Eltern

Die Eltern werden entlastet, wenn die Therapie in der Schule stattfindet. Sie sparen sich nicht nur Zeit und Geld durch den Wegfall des Fahrtweges, sondern der familientypische Terminstress wird ebenfalls reduziert, wenn die Therapie während oder nach dem Unterricht stattfindet. Elterngespräche können mit Lehrern abgestimmt werden und bei Bedarf im Team stattfinden.

Vorteile für die Gesellschaft

Die Gesellschaft profitiert von der Psychotherapie an Schulen, da Pädagogen, die die Kinder sehr gut kennen, mitentscheiden, wem das knappe Gut Therapie zur Verfügung gestellt wird. Folglich kann denjenigen geholfen werden, die Hilfe am dringendsten brauchen und lediglich über ein niederschwelliges Angebot an psychotherapeutischer Betreuung zu erreichen sind. Psychotherapie wird beispielsweise durch Gruppentherapieangebote effizienter und kostengünstiger gestaltet. Somit werden die Sozialkassen entlastet.


Wie stellt sich die Versorgungslage aktuell dar?

Bislang findet Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in Kliniken und in ambulanten Praxen statt, teilweise in den privaten Ausbildungsinstituten. Wartelisten und Aufnahmestopps sind an der Tagesordnung. Dieser Versorgungslage stehen viele hochbelastete Familien gegenüber, denen es an Kraft, Mut, Zeit oder organisatorischen Talent fehlt, sich aktiv um einen Therapieplatz zu bemühen, obwohl dieser dringend notwendig wäre. Mit unter ist es Ihnen aus den verschiedensten Gründen auch nicht möglich, die Therapietermine pünktlich einzuhalten.

In der Schule wird das therapeutische Arbeiten für alle Beteiligten als weniger stressig, vertrauter und teamorientierter erlebt. Gerade bei Hochrisikopatienten bzw. deren Familien ist die Tendenz zu beobachten, dass sie sich von Helfersystemen abkapseln. Um sie dennoch zu erreichen, ist ein niederschwelliges therapeutisches Angebot in der Schule ein erfolgsversprechender Ansatz. Die inzwischen flächendeckend eingeführte Ganztagesschule ist neben dem Elternhaus der Ort, an dem Kinder und Jugendliche die meiste Zeit verbringen. Wieso soll hier nicht die psychotherapeutische Arbeit stattfinden?